Viele Popsongs aus den Charts ähneln sich. Das liegt nicht nur daran, dass die Struktur und die Instrumentierung erfolgreicher Songs gerne kopiert werden, in der Hoffnung, damit auch den Erfolg zu wiederholen. Oft werden auch Teile aus bestehenden Musikproduktionen direkt entnommen und in einem neuen Song verwendet. Bei dieser Art des Musik-Recyclings werden entweder einzelne Instrumente originalgetreu nachgespielt (Interpolation) oder kurze Aufnahmen herausgeschnitten und in einem neuen Musikstück eingefügt. Die letztere Produktionstechnik wird „Sampling“ genannt. Im Hip Hop oder in elektronischen Musikrichtungen wie House, Drum&Bass oder Trip Hop ist sie sogar stilbildend.
Sampling bedeutet also ganz allgemein, aus vorhandenem Songmaterial Teile herauszunehmen, um sie in anderen Songs zu verwenden. Meist entsteht dabei ein neuer, eigenständiger Song, aber nicht immer. Wenn diese Produktionstechnik dazu benutzt wird, den ursprünglichen Song als Variante abzuändern, spricht man von einem Remix. Die Übergänge dazwischen sind fließend. Manchmal sind Remixe derart eigenständig, dass es schwer fällt, den Originalsong zu erkennen.
Für viele Musiker ist die Suche nach einer passenden Sample-Stelle in alten Songs ein eigenes Hobby. Vielleicht haben auch Sie eine alte, längst vergessene Plattensammlung im Keller stehen, in der sich die eine oder andere Perle findet. MAGIX Music Maker bietet mehrere Funktionen an, um solche Samples zu erstellen und in einem neuen Song zu verwenden.
Hinweis: Bei der Verwendung von Samples sollten Sie sich immer die rechtliche Lage bewusst machen und sich vergewissern („Sample Clearing“), dass Sie keine Urheberrechte der originalen Sänger, Musiker oder Plattenfirma verletzen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass alle Samples aus dem Soundpool lizenzfrei und somit in nicht-kommerziellen Projekten beliebig verwendbar sind.
Sampling mit dem Remix Agent
Im Folgenden wollen wir zeigen, wie man einen Song taktgenau zerschneidet, um ein loopfähiges Sample-Objekt zu gewinnen. Dieses Objekt soll dann in einem Remix verwendet werden.
Dazu benutzen wir den Remix Agent. Der Remix Agent ist ein Werkzeug aus MAGIX Music Maker, mit dem die Tempi (in BPM) und die Zeitpositionen der Beats von Viertelnoten in beliebigen Songs bestimmt werden können.
Für das Beispiel haben wir den Song „Cola Bottle Baby“ des Künstlers Edwin Birdsong benutzt. Der originale Song war ziemlich unbekannt, bis die französische Housegruppe DaftPunk im Jahr 2001 ein Sample daraus in ihrem eigenen Song „Harder, Better, Faster, Stronger“ verwendet hat. Weitere sechs Jahre später wurde der von DaftPunk erstellte Song erneut gesampelt, und der US-amerikanische Musiker Kanye West feierte mit dem Song „Stronger“ einen Welthit.
Um das Beispiel nachzuvollziehen, können Sie aber auch jeden anderen Song verwenden. Beachten Sie bei der Songauswahl, dass er:
- länger als 15 Sekunden ist,
- rhythmische (tanzbare) Musik enthält,
- im Stereoformat und
- im 4/4 Takt vorliegt.
Sampling-Objekt erstellen
- Navigieren Sie über den Dateimanager im Media Pool zu Ihrem Song und positionieren Sie diesen auf der ersten Spur des Arrangers.
Nun öffnet sich der Dialog Tempo- und Takterkennung. Sie werden gefragt, ob Sie den Remix Agent verwenden möchten, um die Tempo- und Takteigenschaften des Songs zu ermitteln. Sollte sich dieser Dialog nicht öffnen, können Sie den Remix Agent auch über das Programmmenü Effekte > Audio > Remix > Tempo- und Takterkennung starten.
- Aktivieren Sie das Kästchen mit der Option Remix Agent für lange Samples ausführen und bestätigen Sie die Auswahl über die OK-Schaltfläche.
Die Dialoge im Remix Agent helfen Ihnen schrittweise dabei, Ihr Ziel zu erreichen. Dabei werden die einzelnen Schritte über Fragen und Antworten abgeschlossen. Zu jedem Schritt werden im unteren Bereich des Fensters ausführliche Tipps und Erklärungen angezeigt, die optional ein- und ausgeblendet werden können.
In Schritt 1 werden Sie gefragt, ob der Startmarker hinter dem Intro liegt. Einige Lieder besitzen längere Intros, in denen sich keine musikalisch zuweisbaren Informationen befinden (z. B. Synthesizer-Flächen). Ist das der Fall, muss der Startmarker an die Stelle hinter dem Intro platziert werden, kurz vor einem Viertelnoten-Beat oder noch besser kurz vor einem Beat zum Taktanfang.
Unser Beispiel-Song hat kein Intro, beginnt dafür aber mit einer kurzen Stille.
Schritt 1: Startmarker setzen
- Positionieren Sie den Startmarker mit der linken Maustaste kurz vor dem Taktanfang.
Sie können sich dabei an der Wellenform orientieren. Drums und Snare-Sounds haben einen höheren Wellenausschlag als alle anderen Instrumente.
- Wechseln Sie über die Schaltfläche Ja, weiter zu Schritt 2.
Schritt 2: Analyse des Songs
Der Remix Agent analysiert nachfolgend den Song. Der Erfolg einer Analyse ist auch von der Qualität des Ausgangsmaterials abhängig. Wenn Sie z. B. eine MP3-Datei mit einer schlechten Auflösung verwenden, kann der Remix Agent die Transienten und Amplitudenausschläge schwerer deuten als bei einer qualitativ besseren WAV-Datei. Als Transienten werden Wellenformausschläge bezeichnet, die durch einen Stoßvorgang entstanden sind. Sie bestehen aus einer Anschlags- (Attack-) und einer Ausklangsphase (Sustain). Leicht erkennbare Ausschläge sind die von Drums.
Nach der Analyse wird der Song automatisch wiedergegeben. Dabei erklingt ein Metronom entsprechend dem gefundenen Ergebnis. Grüne Striche visualisieren die gefundenen Positionen der Viertelnoten in der Wellenform.
Bei unserem Beispiel-Song wurde die Geschwindigkeit auf Anhieb richtig herausgefunden. Die Frage aus Schritt 2, ob die Metronom-Klicks im Rhythmus der Musik ertönen, kann über die Ja-Schaltfläche beantwortet werden.
War die Analyse nicht erfolgreich, beantworten Sie die Frage des Assistenten mit Nein. Im darauf erscheinenden Dialog werden Ihnen zwei Möglichkeiten für eine Korrektur angeboten.
Tap Tempo: Klicken Sie mit der linken Maustaste (oder mit der Taste T) im Takt der Musik auf die Tap-Tempo-Schaltfläche und geben so das Tempo vor. Nach einer kurzen Zeit hören Sie, wie das einsetzende Metronom Ihre Taktvorgabe aufgenommen hat. Sollten die gefundenen Viertelnoten-Beats immer um die Länge einer Achtelnote versetzt hinter der wirklichen Position liegen, kann aus dem Listenfeld On-/Offbeatkorrektur ein alternatives Ergebnis gewählt werden.
Manuelle Vergabe: Über das Listenfeld Tempokorrektur werden Ihnen alternativ erkannte BPM-Zahlen zur Auswahl angeboten. Wundern Sie sich nicht, wenn als Tempoergebnis eine seltsame BPM-Zahl mit drei Stellen hinter dem Komma angezeigt wird. Diese Zahl wird später auf bzw. abgerundet.
Schritt 3: Taktanfang festlegen
Im dritten Schritt legen Sie den Taktanfang (rote Striche) fest.
Sollte das gefundene Ergebnis nicht korrekt sein, können Sie den Taktanfang über Klicken der Tab-Eins-Schaltfläche manuell festlegen oder über Option Verschiebung um Viertel nach hinten eine alternative Position bestimmen.
- Fahren Sie über die Weiter-Schaltfläche mit dem letzten Bearbeitungsschritt fort, oder kehren Sie über die Zurück-Schaltfläche zu den vorherigen zurück, um andere Einstellungen zu wählen.
Schritt 4: Ausgabe
Im letzten Schritt 4 des Assistenten geben Sie schließlich an, welche Aktion mit dem Song durchgeführt werden soll. Dafür stehen Ihnen drei Möglichkeiten zu Verfügung:
Remixobjekte erzeugen – der ganze Song wird taktweise in Einzelobjekte (Loops) zerschnitten. Mit dem Remix Maker können dann aus dem Song automatisch Remixe erstellt werden. Diese Option eignet sich zum Experimentieren oder um zwei Songs mit gleicher Geschwindigkeit zu kombinieren.
Tempo anpassen – Wählen Sie diese Option aus, wenn das Projekttempo an das Tempo des Songs angepasst werden soll oder umgekehrt. Wenn Sie das Objekttempo an das Projekttempo anpassen, können Sie in einem weiteren Schritt auswählen, welcher Algorithmus für die Tempoänderung verwendet werden soll. Beim Timestretching bleibt die Tonhöhe des Songs konstant, dafür kann unter Umständen die Klangqualität leiden. Resampling verändert die Tonhöhe (ähnlich wie beim Ändern des Tempos eines Plattenspielers), erhält aber weitestgehend die Klangqualität des Songs. Bei der Audioquantisierung werden die Tempoanpassungen in die Audiodatei eingerechnet. Das hat den Vorteil, dass kleine Temposchwankungen in der Musik ausgeglichen werden. Die Auswahl des Algorithmus kann zu einem späteren Zeitpunkt geändert werden, indem Sie den Remix Agent erneut starten.
Nur Tempo und Taktinfo speichern – Tempo- und Taktinformationen werden in der Audiodatei gespeichert, ohne dass weitere Aktionen ausgeführt werden.
- Wählen Sie die Aktion Remix-Objekte erzeugen und verlassen Sie den Remix Agent mit Übernehmen.
Remix erstellen mit dem MAGIX Music Maker
Nach der Analyse können Sie sehen, wie Ihren Song in viele kleine Remix-Objekte zerlegt worden ist.
Wenn Sie näher heranzoomen, können Sie die einzelnen Objekte besser erkennen.
- Suchen Sie ein Objekt in dem Song, die Sie als Sample-Loop benutzen möchten.
- Wenn Sie ein geignetes Objekt gefunden haben, erzeugen Sie mit gehaltener Strg-Taste eine Kopie davon und ziehen die Kopie auf eine andere Spur.
- Zum Schluss schalten Sie die Song-Spur stumm, damit Sie sich auf die Arbeit mit Ihrem neuen Sample-Loop konzentrieren können.
- Nun können Sie den neuen Sample-Loop an seinem Anfasser einfach aufziehen.
- Hören Sie sich das Ergebnis an.
Auf den unteren Spuren können Sie nun z. B. andere Sample-Loops aus den Soundpools legen. Wir suchen uns den Drumloop Chemical A aus dem Sounpool Big Beat 125 heraus und ziehen ihn auf die untere Spur.
Das Tempo der Soundpool-Samples wird dabei automatisch angepasst.
Damit haben Sie bereits eine Grundlage für Ihre eigene neue Version des alten Songs erstellt. Als Nächstes können Sie weitere Stellen im Song suchen und ausprobieren, ob sich diese als Sample anbieten würden. Für mehr Abwechslung sorgen Sie, indem Sie verschiedene Sample-Objekte kombinieren oder sich abwechseln lassen. Sie können die Samples auch per Pitchshifting in unterschiedlicher Tonhöhe verwenden.
Samples als Takes abspeichern
Selbst erstellte Samples können als „Takes“ abgespeichert werden, um zu einem späteren Zeitpunkt in einem beliebigen Projekt wiederverwendet zu werden. Theoretisch können Sie auf diese Art Ihren eigenen Soundpool erstellen.
- Markieren Sie ein Objekt im Arranger und wählen Sie die Funktion Bearbeiten > Objekt > Objekte als Takes speichern.
- Im folgenden Dialog vergeben Sie einen passenden Namen und wählen einen Speicherort auf Ihrer Festplatte. Takes werden mit der Dateiendung „*.tak“ gespeichert.
Nach dem Speichern wird Ihr Take wie ein Soundpool-Objekt im Dateimanager angezeigt und wie ein normaler Sample-Loop behandelt. Das Originalsample wird nie verändert, es werden nur die Einstellungen des Objekts und die Effekte gespeichert.
MAGIX Music Maker bietet mit dem integrierten Remix Agent ein leistungsfähiges Werkzeug, um schnell und ohne Vorwissen geeignete Songs in loopfähige Sample-Objekte zu zerlegen. Jedes dieser Sample-Objekte kann dann direkt für eigene Remixes oder samplebasierte Musik verwendet werden. Die mitgelieferten Soundpools lassen sich sehr gut mit solchen selbstgeschittenen Sample-Objekten kombinieren.
Hier können Sie sich eine kostenlose Testversion des Programms herunterladen, die 30 Tage lang lauffähig ist.